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Update des Cyberhilfswerk Konzept

Wir veröffentlichen hier eine aktualisierte Fassung des CHW-Konzepts, das die Schaffung einer neuen Freiwilligengruppe beschreibt, welche die Bewältigungskapazitäten für Großschadenslagen, die aus Cyber-Vorfällen resultieren, ausbauen soll.

Die aktualisierte Fassung enthält neue Ausarbeitungen zu Einsatzszenarien und Einsatzrollen des Cyberhilfswerks. Außerdem enthält sie einen neuen Abschnitt über die Gewinnung von Freiwilligen Helfern und zur Frage der europäischen Dimension eines Cyberhilfswerks. Darüberhinaus wurde der Abschnitt „Rechtsform eines CHW“ umfassend neu gestaltet und mit vielen neuen Erkenntnissen ergänzt.

Die vorherige Version des CHW-Konzept wurde erstmals im Februar 2020 veröffentlicht und nun erstmals aktualisiert.

Ziel des CHW-Konzepts ist es, dem Staat eine Konzeption an die Hand zu geben, die sowohl das vorhandene Helfer-Potential in der Bevölkerung sinnvoll aktiviert als auch ein Fundament zu schaffen, auf dem eine vertrauensvolle Kooperation im Krisenfall stehen kann.

Die aktualisierte Version des CHW-Konzepts enthält mehrere neue Abschnitte, darunter:

– Die Schaffung sogenannter mobiler Interneterstversorgungsstationen (MIEVS)

– Eine deutliche Vertiefung der Diskussion über die Anbindung an das technische Hilfswerk

– weitere Szenarien im Bereich der Krankenhaus-IT, der Kommunalverwaltung und Ergänzungen zu vorhandenen Szenarien im Bereich der Stromversorgung

Das vollständige Konzept kann hier heruntergeladen werden:

Bundesregierung finanziert Forschung zur Schaffung des Cyberhilfswerk im THW

Aus Regierungskreisen erfuhren wir am Freitag, dass die Ampelkoalition dem Technischen Hilfswerk (THW) den Forschungsetat verdoppelt hat. Die Ampelkoalition möchte mit weiteren 500.000 € die Erforschung der Kompetenzerweiterung des Technischen Hilfswerks im Bereich der Cyberhilfe finanzieren.

Zur Konzepterstellung für die Kompetenzerweiterung "Cyberhilfe" bei der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk werden 500.000€ zur Verfügung gestellt

„Zur Konzepterstellung für die Kompetenzerweiterung „Cyberhilfe“ bei der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk werden 500.000€ zur Verfügung gestellt“

Nachdem die letzte Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages am Samstag Abend, den 21.05.2022 ohne besondere Vorkommnisse abgeschlossen wurde, gehen wir nun davon aus, dass die Bundesregierung diesen Haushalt so in der kommenden Woche verabschieden wird. Mit dieser Entscheidung geht die Bundesregierung aus unserer Sicht den ersten Schritt zu einem staatlichen Cyberhilfswerk.

Damit wird der dritte große Meilenstein auf dem Weg zu einem Cyberhilfswerk erreicht – nachdem sich schon in der letzten Legislatur zwei Fraktionen der Forderung nach einem Cyberhilfswerk angeschlossen haben und es die Forderung nach einem Cyberhilfswerk dann in den Koalitionsvertrag geschafft hat, wird nun im dritten Schritt die konkrete Forschung zur Umsetzung finanziert.

Wir begrüßen diesen Schritt der Bundesregierung ausdrücklich. Aus unserer Sicht wird damit unsere Forderung nach der Schaffung eines Cyberhilfswerks ernst genommen und konkret angegangen. Wir sind froh und dankbar, in einer Demokratie leben zu dürfen, in der Bürgerinitiativen wie die AG KRITIS Wertschätzung erleben und ernst genommen werden.

Im Hintergrund wird die Arbeit an der Konzeption eines Cyberhilfswerks auf unserer Seite fortgeführt – wir aktualisieren derzeit das Konzept, um weitere Erkenntnisse zu integrieren, die im Austausch mit Behörden, KRITIS-Betreiberinnen und Katastrophenschützerinnen gewonnen wurden.

Für das anstehende Forschungsprojekt empfehlen wir dem THW, insbesondere ehrenamtliche Beratungsleistungen in Anspruch zu nehmen. So kann nicht nur das Budget effektiv genutzt werden, sondern auch der Erfahrungsschatz von ehrenamtlich aktiven und fachkundigen Bürgerinnen von Anfang an mit einbezogen werden.

Die AG KRITIS steht mit ihrem Netzwerk weiterhin gerne bereit, ehrenamtlich zu beraten und zu unterstützen.

Hier findet ihr das Konzept zur Steigerung der Bewältigungskapazitäten in Cyber-Großschadenslagen der AG KRITIS.

 

AG KRITIS zu Gast beim Terra X-Podcast mit Harald Lesch

Am 02.05.22 war unser AG KRITIS-Mitglied @HonkHase zu Gast bei Harald Lesch und dem Team des ZDF Terra X-Podcast „Maschinenraum Deutschland“. In der Folge „Sind wir gewappnet für den Krieg im Netz?“ geht es um Cybercrime, Ransomware, Information Warfare, unser Konzept zum Cyberhilfswerk und um die Bildungspolitik. Die einstündige Episode gibt es ab heute in der ZDF-Mediathek, über den RSS-Feed des Terra X-Podcast und bei allen weiteren Streaming-Anbietern.

Resilience for Critical Infrastructures: A Volunteer Cyber Brigade

Power outages and cyber attacks represent an increasing threat to the delivery of critical services to the public. On August 25, 2021, our member MrDuck presented the AG KRITIS‘ concept of a „Cyberhilfswerk“ (cyber relief organization) as part of the monthly Cybersecurity Speaker Series talk.cybercni.fr. He provided an overview of existing capabilities to respond to and train for such an event, explained why these are insufficient and outlined a possible solution to address large scale cyber-induced disaster.

The recording is freely available here.

Information about the Speaker Series can be accessed here.

CDU RLP will die gesetzliche Grundlage für ein Cyberhilfswerk schaffen

Die CDU Rheinland-Pfalz hat in ihrem Regierungsprogram 2021-2026 die Forderung nach einem Cyberhilfswerk aufgenommen. Im Abschnitt 01.07 Vorsorgen findet sicht:

Wir wollen nach dem Modell der Kritis AG analog zum Technischen Hilfswerk (THW) den gesetzlichen Rahmen für die Arbeit eines Cyberhilfswerks (CHW) schaffen, dass bei Großschadenslagen im Bereich der kritischen IT-Sicherheit alle erforderlichen Helfer kurzfristig aus ihren „Zivilberufen“ zusammenziehen kann.

Das vollständige Regierungsprogramm ist hier zu finden:

Die AG KRITIS begrüßt diese strategische Ausrichtung sehr, denn wir sind davon überzeugt, dass ein Cyberhilfswerk ein notwendiger und wichtiger Schritt zur Erhöhung der Versorgungssicherheit der Bevölkerung ist. Gerne beraten wir bei Interesse alle demokratischen Parteien, wie sie die Gründung eines Cyberhilfswerk bestmöglich auf die eigene politische Agenda setzen.

Erste Fraktion im Deutschen Bundestag fordert ein Cyberhilfswerk

Die Fraktion der freien Demokraten im Deutschen Bundestag hat auf Drucksache 19/24632 einen Antrag mit dem Titel: „Pandemie als digitalen Weckruf ernst nehmen – Umfangreiche
Digitalisierungsstrategie vorlegen“ veröffentlicht.

Dort heißt es neben wichtigen anderen Positionen zu einer defensiven Cybersicherheitsstrategie und zu der Forderung eines unabhängigen BSI unter anderem auch:

Damit auch nach einer Großschadenslage im Cyberraum die Versorgung der Bevölkerung sichergestellt werden kann, sind weiterhin die vorhandenen Bewältigungskapazitäten im BSI zu erweitern, indem ergänzende, ehrenamtliche Strukturen nach Vorbild des THW geschaffen werden.

Der vollständige Antrag ist hier zu finden:

Damit ist die Fraktion der Freien Demokraten die erste Fraktion, die unsere Forderung zur Gründung eines Cyberhilfswerks aufgenommen und zur Fraktionsposition gemacht hat. Dies freut uns sehr, denn wir sind davon überzeugt, dass ein Cyberhilfswerk ein notwendiger und wichtiger Schritt zur Erhöhung der Versorgungssicherheit der Bevölkerung ist.

Gerne beraten wir bei Interesse alle Fraktionen im Deutschen Bundestag, wie sie die Gründung eines Cyberhilfswerk bestmöglich auf die eigene politische Agenda setzen.

Chaosradio Folge #263 – AG KRITIS

Am letzten Donnerstag des Monats sendet das Chaosradio des CCC seine monatliche Sendung. Wir wurden eingeladen, in dieser Sendung über KRITIS und das CHW zu reden. Zusammen mit dem Moderator Marcus Richter diskutieren Honkhase und Ijon die Fragen: Was sind die Ziele der AG KRITIS? Wie kann ein IT-Krisenfall aussehen? Was ist ein Cyber-Hilfswerk?

Die Katschützer: AG Kritis

@diekatschuetzer haben in ihrem Podcast mit unserem Mitglied @HonkHase über die AG KRITIS und das Cyber-Hilfswerk gesprochen.

In dieser Folge unterhalten wir uns mit Manuel Atug über seine Arbeit in der AG Kritis, über die Arbeit die in das Konzept zum Cyberhilfswerk geflossen ist, was man mitbringen muss um in der AG Kritis mitarbeiten zu können und vieles mehr.

Den vollständigen @diekatschuetzer Podcast „AG Kritis“ mit @HonkHase findet ihr hier:

Hier findet Ihr unser CHW-Konzept:

Kommentierung der Stiftung Neue Verantwortung des IT-SiG2

Die Stiftung Neue Verantwortung hat, ebenso wie wir, eine Kommentierung des vorgeschlagenen IT-Sicherheitsgesetz 2.0 erstellt. In dieser Kommentierung wird das von uns entworfene Konzept eines Cyberhilfswerks empfohlen. Dafür möchten wir uns bedanken!

Empfehlung: Ein Ausbau der MIRTs ist zu unterstützen, da für diese eine breite Fachexpertise – zum Beispiel für die unterschiedlichen Systeme Kritischer Infrastrukturen – bereitgehalten werden muss. Der genannte Ausbau der Teams wäre eine effiziente Investition der im Entwurf insgesamt vorgesehenen Personalressourcen. […] Zudem sollte eine Einbettung des Konzepts des Cyber-Hilfswerks in diesen Plan geprüft werden.

Der lesenswerte Volltext der Kommentierung zum IT-SiG2 ist auf der Website der Stiftung Neue Verantwortung zu finden.

 

Kommentar zum neuen Referentenentwurf des IT-Sicherheitsgesetz 2.0 (IT-SiG2)

Die beiden Leiter der AG KRITIS, Manuel Atug und Johannes Rundfeldt zum von netzpolitik.org veröffentlichten neuen Entwurf des IT-SiG2 von Mai 2020:

Das neue IT-Sicherheitsgesetz 2.0 (IT-SiG2) ist definitiv eine Verbesserung zum vorherigen Entwurf von März 2019. Aber nicht alle Details sind gut, einzelne Punkte sind leider auch ein Rückschritt und werfen neue Gefahren und Risiken auf.

Die AG KRITIS begrüßt die Tatsache, dass die hochkritischen Änderungen an der Strafprozessordnung und am Strafgesetzbuch, die noch im ersten veröffentlichten Entwurf von März 2019 aufgeführt wurden, nun nicht mehr enthalten sind. Auch begrüßen wir die Tatsache, dass die Entsorgung – also Teil der Abfallwirtschaft – nun auch als kritische Infrastruktur betrachtet wird. Dies ist überfällig und sinnvoll, schließlich entstehen sehr schnell katastrophale Gesundheitsrisiken für die Bevölkerung wegen der drohenden Seuchengefahr und Gefährdungen in der Umwelt bedingt durch gefährliche Stoffe, wenn die Abfallentsorgung nicht mehr funktionieren würde.

Leider hat sich damit jedoch nicht alles zum Guten verbessert. Es gibt insbesondere auch einige Neuerungen, die in dieser Weise unsere kritischen Infrastrukturen direkt gefährden können.

Unser größter Kritikpunkt ist die hochgefährliche Datensammlung, die sich hinter der unscheinbaren Formulierung in § 9b Absatz 1 BSIG verbirgt. Dort geht es um IT (oder OT) -Komponenten in kritischen Infrastrukturen.

„Der Einsatz einer kritischen Komponente (§ 2 Absatz 13), (…), ist durch den Betreiber einer Kritischen Infrastruktur dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat vor Einbau anzuzeigen. In der Anzeige ist die kritische Komponente und die Art ihres Einsatzes anzugeben.“

Bisher müssen Hersteller solcher Komponenten mit dem BSI zusammen arbeiten, um eine Zertifizierung von Komponenten zu erreichen. Dabei kann das BMI diese Zertifizierung aus Gründen der öffentlichen Sicherheit ablehnen, auch wenn das BSI zum Schluss kommt, dass die zu zertifizierende Komponente den Kriterien entspricht.

Der neue IT-SiG2-Entwurf schafft hier allerdings eine neue Anzeigepflicht. Nicht mehr nur der Hersteller der Komponente muss mit den Behörden in Kontakt treten, sondern der Betreiber der Komponente muss deren Einsatz beim BMI melden. Auf diese Weise plant das BMI eine Liste aufzubauen, welcher KRITIS-Betreiber welche Komponenten im Einsatz hat. So eine Liste ist jedoch höchst kritisch zu bewerten, da jeder Geheimdienst und jede ausländische Macht, die Zugriff auf diese hochsensible Liste erlangt, unsere kritische Infrastruktur gefährden kann. Getreu dem Motto „Wo ein Trog ist, da sammeln sich auch Schweine“ halten wir es für überflüssig und gefährlich, so eine hochsensible Datensammlung überhaupt anzulegen. Wenn man aus sicherheitstechnischen Erwägungen trotzdem zum Schluss kommt, so eine Liste zu benötigen, so muss diese besonders vor dem Zugriff von in- und ausländischen Ermittlungsbehörden und Nachrichtendiensten geschützt werden. Nur ein unabhängiges BSI, das nicht mehr unter der Aufsicht des BMI steht, könnte so eine Liste geeignet verwalten.

Leider wurde diese essentielle fachliche Unabhängigkeit des BSI nicht im § 1 des BSIG vorgesehen. Hier wünschen wir uns eine Nachbesserung, denn ein fachlich unabhängiges BSI ist notwendig und überfällig. Obwohl es verschiedene Ansätze gibt, wie dies juristisch erreicht werden könnte, halten wir die Anpassung des § 1 BSIG für den naheliegendsten Ansatz, wenn man sowieso gerade plant, das BSIG zu ändern. Dabei kann man sich in der Ausgestaltung der fachlichen Unabhängigkeit hervorragend am statistischen Bundesamt orientieren.

Der zweite nicht weniger relevante Kritikpunkt ist die offensichtliche Umgehung des frisch geschaffenen Nationalen Cyberabwehrzentrum (NCAZ) bei erfolgreichen Cyberangriffen auf IT-Systeme. Im zu ändernden § 109a TKG findet sich die Formulierung:

„(1a) Im Falle einer unrechtmäßigen Übermittlung an oder unrechtmäßigen Kenntniserlangung von Daten durch Dritte unterrichtet der Diensteanbieter unverzüglich das Bundeskriminalamt über diesen Sachverhalt, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass 1. jemand Telekommunikations- oder Datenverarbeitungssysteme ohne Erlaubnis oder Billigung des Diensteanbieters verändert, auf diese eingewirkt oder Zugangseinrichtungen zu diesen überwunden hat und 2. dies nicht fahrlässig erfolgt ist.“

Im Fall der vorsätzlichen und erfolgreichen Umgehung von Zugangseinrichtungen, der Veränderung von Daten oder der Einwirkung von Dritten auf diese ist es wohl angebracht, dies als Cyberangriff zu bezeichnen. Je nachdem, wer der Täter ist, ändert sich die Zuständigkeit für die Vorfallsbehandlung und Ermittlung.

Handelt es sich um einen Angriff eines deutschen Bürgers auf eine technische Einrichtung der Bundeswehr, wäre der MAD zuständig. Wären wir im Krieg und hätte die Bundeswehr ein Mandat, wäre in diesem Fall das KdoCIR zuständig. Wenn ein System angegriffen wird, welches nicht zur Bundeswehr gehört, sondern z.B. zu einem Telekommunikationsanbieter, dann wäre das BKA nur dann zuständig, wenn der Angriff von einem deutschen Bürger ausgeht. Geht der Angriff von einem ausländischen Bürger aus, wäre der BND zuständig. Ginge der Angriff von einer ausländischen staatlichen Macht aus, wäre der BND und unter Umständen auch das Auswärtige Amt zuständig. In manchen Sonderfällen fiele auch eine Teil-Zuständigkeit an das BfV.

Zum Zeitpunkt der initialen Detektion eines Angriffs ist der Täter und dessen Nationalität aber unbekannt. Daher kann nicht von vornherein klar sein, wer wirklich zuständig ist. Aus genau diesem Grund wurde das NCAZ geschaffen, welches die Vorfallsbehandlung zwischen den möglicherweise zuständigen Bundesbehörden koordinieren soll. Im NCAZ sitzen deswegen Vertreter aller möglicherweise zuständigen Behörden, wie z.B. dem BKA, der BPol, dem BfV, dem BND, dem MAD und dem KdoCIR.

Wir sind daher zu der Meinung gekommen, dass an dieser Stelle die Meldung an das NCAZ erfolgen soll und eben nicht an das BKA. Das NCAZ kann dann koordinieren, welche Bundesbehörde auf Basis der vorliegenden Indizien wahrscheinlich zuständig ist. Nichtsdestotrotz sind, egal welche Behörde für die Ermittlungen zuständig ist, immer auch andere Bundesbehörden einzubinden, wie z.B. das BSI, welches nötigenfalls Warnungen und Meldungen über das CERT-Bund herausgeben müsste.

„Man muss Gesetze kompliziert machen, dann fällt es nicht so auf“, sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer im Juni 2019. An dieses Mantra hält man im BMI auch beim IT-SiG2 konsequent fest. Im alten Entwurf fand sich noch die Formulierung, dass die Rüstungsindustrie zur sog. „Infrastruktur in besonderem öffentlichen Interesse“ (ISBÖFI) gehören soll. Die „ISBÖFI“ ist quasi eine Art „KRITIS light“. Nicht alle KRITIS Pflichten werden auferlegt, aber manche. Im neuen IT-SiG2-Entwurf findet sich das Wort „Rüstung“ nun nicht mehr, trotzdem gehört Rüstung weiterhin zu ISBÖFI. Dies wird nun durch die verschleiernde Erwähnung des „§ 60 AWV Absatz 1 Satz 1-5“ festgelegt und auch in den Begründungen zum Gesetz weder erläutert noch aufgeklärt.

Die AG KRITIS ist der Meinung, dass Rüstung weder KRITIS ist, noch zu einer Art „KRITIS light“ gehören kann – denn die Rüstungsindustrie gehört eben nicht zu solchen Diensten, „die von wesentlicher Bedeutung für die Aufrechterhaltung wichtiger gesellschaftlicher Funktionen, der Gesundheit, der Sicherheit und des wirtschaftlichen oder sozialen Wohlergehens der Bevölkerung sind und deren Störung oder Zerstörung erhebliche Auswirkungen hätte“ (KRITIS-Definition).

Selbst wenn man argumentieren würde, dass die hergestellten Rüstungsgüter nach Bestellung, Produktion und Lieferung der Bundeswehr zu Gute kommen würden und damit bei der Aufgabenerfüllung der Bundeswehr (Verteidigungsarmee) helfen sollen – selbst dann wäre die Rüstungsindustrie noch nicht KRITIS, da die Bundeswehr diese Aufgaben mit Ihren Beständen erfüllen muss und die Beschaffung neuer Waffen so lange dauert, das diese neuen Waffen wohl kaum zur Bewältigung der dann aktuellen Lage eingesetzt werden können. Eine Mitverantwortung für die öffentliche Sicherheit kann daher bei der Rüstungsindustrie nicht behauptet werden. Entsprechend gehört die Rüstungsindustrie auch nicht zu den kritischen Infrastrukturen und darf daher auch nicht der neu geschaffenen Vorstufe „ISBÖFI“ zugeordnet werden.

Unser dritter Kritikpunkt ist, dass im IT-SiG von 2015 festgelegt wurde, dass eine Evaluierung der Gesetzesänderungen spätestens vier Jahre nach Inkrafttreten vorgenommen werden soll. Unserer Kenntnis nach ist diese Evaluierung aber bisher nicht erfolgt. Konsequenterweise sieht das BMI auch keine Evaluierung des neuen IT-SiG2 vor, sondern stellt in Aussicht, die aktuell gesetzeswidrig(!) überfällige Evaluierung des IT-SiG von 2015 doch noch vorzunehmen. Dies reicht dem BMI als Begründung, warum eine Evaluierung der zweiten Version des IT-SiG nicht notwendig wäre, weil man ja Erkenntnisse aus dem Gesetzesentwurf des IT-SiG2 in die Evaluierung des IT-SiG von 2015 einfließen lassen könne.

Selbstverständlich ist das nicht ausreichend – das BMI soll, wie aus gutem Grund im Gesetz vorgesehen, erst das vorhandene IT-SiG von 2015 evaluieren und dann diese Erkenntnisse, genau wie geplant, in das IT-SiG2 einfließen lassen – aber nicht andersherum, wie es aktuell im IT-SiG2 angegeben wird.

Weiterhin findet sich im IT-Sig2 auch noch eine Passage, die uns als AG KRITIS mit Freude erfüllt. Uns zeigen diese Änderungen, dass man auch ehrenamtlich erfolgreichen und sinnvollen Lobbyismus betreiben kann.

Es scheint so, als wurden bestehende Forderungen der AG KRITIS im IT-SiG2 berücksichtigt. So soll das unserer Ansicht nach zu schwach besetzte MIRT deutlich anwachsen. Dies vergrößert die staatlichen Krisenbewältigungskapazitäten signifikant. Auch das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) bekommt wichtige Aufgaben und weitere Personalstellen zugeteilt, um erstmalig in die Lage versetzt zu werden, auch für IT-Katastrophen Krisenreaktionspläne auszuarbeiten. Auch lesen wir den neu geschaffenen § 5c BSIG fast schon wie die initiale rechtliche Grundlage für den Einsatz eines zu schaffenden Cyberhilfswerks – wie von uns im Februar 2020 vorgestellt – und verortet die Kompetenzen und Verantwortlichkeiten an den richtigen Stellen, nämlich dem BSI gemeinsam mit dem Partner BBK.

Hier findet Ihr unser CHW-Konzept: